In Watte gepackt

Eindruck aus einer Theatertherapie-Gruppe

Ich greife bei Fr. D. eine Aussage auf („Ich habe das Gefühl, ich sei in Watte gepackt.“) und schlage ihr vor, dass wir uns diesem Bild spielerisch nähern. Dabei biete ich ihr die Möglichkeit an, dass sie die Inszenierung erst mal „nur“ angucken kann. Sie möchte dann aber doch schon gleich „richtig“ einsteigen. Wir bauen nun das „In-Watte-sein“ nach: Fr. D. legt sich auf eine Gynastikmatte und wird zunächst mit zwei Decken gemütlich eingehüllt. Danach nehmen sich die übrigen acht Anwesenden jeweils einen großen Petsiball und platzieren diesen so um die Matte, dass Fr. D. von einem Ballkreis eingeschlossen ist. Es entsteht so eine Art ovale Wanne, die ich jetzt mit den zwanzig weichen Bällen fülle. Fr. D. wird jetzt also von diesen Bällen bedeckt. Wir bilden so nicht exakt eine Watteumhüllung ab, nähern uns aber damit dem Bild. Trotz des nicht perfekten Materials erzielt die Ball-Wanne aber den gewünschten Effekt. Fr. D. fühlt sich geschützt und gleichzeitig von der Welt abgetrennt. Mehr noch, bei genauerem Spüren erlebt sie die Ballwanne als bedrückend und ist schnell bei Gefühlen zur Arbeit. Die Mitpatienten, die weiterhin am Rande der Wanne sitzen, damit die Petsibälle nicht wegrollen und die Wanne ausläuft, werden von ihr erlebt als Kollegen und Aufgaben, die ihr Druck machen. Wir machen diese innere Bild noch konkreter, in dem die Mitpatient*innen aufstehen und Sätze zu Fr. D. sagen, in denen es überwiegend um Leistungserfüllung geht. „Henrike, kümmer Dich darum!“, „Henrike, vergiss nicht dieses!“ und so weiter. Fr. D. schildert, dass sie auf diese Sätze mit einem inneren Leistungsanspruch reagiere. Sie möchte die Aufgaben erfüllen. So erlebe sie es auch auf der Arbeit. Es gelänge ihr, die hohen Anforderungen zu erfüllen. Wenn sie aber eine Pause mache, falle sie regelrecht in sich zusammen und komme kaum noch wieder hoch. Deshalb mache sie am liebsten gar keine Pausen, was letztlich zum Zusammenbruch und zum klinischen Aufenthalt geführt hat. Ich fordere sie nun auf, im nächsten Durchgang mal auf ihr Gefühl zu achten. Schnell fängt sie dann an zu weinen. Ihr wird ihr Überforderungsgefühl bewusst.

So fängt Fr. D. allmählich an, mehr auf die eigenen Gefühlen zu achten und kann so in den folgenden Wochen ein viel besseres Gespür für sich selber entwickeln.